Jüdischer Salon am Grindel im Stream
ab Samstag, 27. Februar, auf salonamgrindel.de und auf www.facebook.com/salonamgrindel
Jüdische Musik in Deutschland durch die Jahrhunderte
mit dem Ensemble Hevenu Shalom für Jüdische Musik
- „Niggunim Mi-Sinai“
Suite von historischen Synagogalmelodien - „El Rey de Francia“ – Sephardische Ballade
- „Kol Nidrei“ von Max Bruch (1838–1920)
- „Mitzvah Gedolah“ – Chassidisches Lied
- „Auf Flügeln des Gesanges“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847), Text von Heinrich Heine (1797-1856)
- Zwei Sätze aus „Sonata da Camera“ von Marius Flothuis (1914-2001)
- „Prelude“ und „Hora“ von Leonard Bernstein (1918-1990)
- „Niggun“ – religiöse Melodie
- „Yedid Nefesh“ – Synagogallied
- „Chassidisches Kaddisch“ – Totengebet
- „Idele the Chassidele – Predigt des Rabbis“ von Leonard Bernstein
- „Prayer“ von Ernest Bloch (1880-1959) aus den Skizzen „From Jewish Life“
- „Birkat Hamazon – Tzur Mishelo“ zum Tischgebet, Ladino-Fassung
- „To life, lechaim!'“ von Jerry Bock (1928-2010) aus „Anatevka“ – die Schabbatmahlzeit
Als Erzähler führt der Violinist Ivan Neykov durch das Konzert.
Das Ensemble Hevenu Shalom sind:
Idan Levi – Flöte: geboren 1986 in Jerusalem, Israel begann sein Musikstudium in Jerusalem und kehrte im Jahr 2007 nach Deutschland, wo er sein Studium in Hamburg und Bremen abgeschlossen hat. Zeitgleich wurde Idan Levi als Flötist am Theater Lüneburg bei den Lüneburger Symphonikern angestellt. In den letzten Jahren hat er zudem selbst mehrere Ensembles ins Leben gerufen, unter anderen das Ensemble Hevenu Shalom für jüdische Musik, das er zusammen mit Ivan Neykov im 2016 gegründet hat.
Ivan Neykov – Violine: geboren in Sofia, Bulgarien begann seine Karriere in Deutschland vor mehr als 30 Jahren als stellvertretender erster Konzertmeister des großen Neue Flora Orchesters in Hamburg. Zeitgleich erhielt er eine Stelle am Theater Lüneburg, wo er bis heute als Vorspieler tätig ist. Er ist Dozent am Institut für Kunst, Musik und ihre Vermittlung an der Leuphana Universität in Lüneburg. Ivan Neykov fungiert in diesem Konzert auch als Erzähler.
Nemanja Lukic – Akkordeon: geboren in Loznica, Serbien, ist als Dirigent, Pädagoge und Akkordeonist tätig. Als Solist und Kammermusiker wurde er im Rahmen zahlreicher nationaler und internationaler Wettbewerbe ausgezeichnet und tritt als Mitglied des Devion Duos regelmäßig deutschlandweit auf. Nach seinem Master-Studium im Fach Akkordeon in Hannover, studierte er Orchesterdirigieren an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Seit September 2019 fungiert er als Chorleiter und Dirigent des Konzertchors der Schaumburger Märchensänger und unterrichtet als Lehrer für Akkordeon an der städtischen Musikschule in Hannover.
Hyunkil Oh – Cello: geboren in Incheon, S. Korea. Nach seinem Studium an der Seoul National University setzte er sein Studium in Hannover fort. Seine Karriere begann er als Praktikant am MDR Sinfonieorchester und als stellvertretender Solo-Cellist beim Theater in Lüneburg. Heute arbeitet er als Cellist beim Oldenburgischen Staatsorchester.
Das Konzert wurde als Veranstaltung des Jüdischen Salon am Grindel im Rahmen des Jubiläumsjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ beauftragt und organisiert. Es wurde am 13. und 14. Februar 2021 im Jagdschloss Malepartus in Bargteheide ohne Publikum aufgezeichnet.
Idan Levi und Daniel Stratievsky sind die Arrangeure des Konzertes.
Videoaufnahme und –bearbeitung: Jürgen A. Wahnschaffe, Fa. Foto-Wahn.de, Hannover
Koordination für den Jüdischen Salon am Grindel: Barbara Guggenheim
Curt Sachs, ein deutscher Musikethnologe, hat in seiner Eröffnungsrede zum ersten internationalen Kongress jüdischer Musik in Paris 1957 die jüdische Musik wie folgt definiert: „Jüdische Musik ist diejenige Musik, die von Juden für Juden als Juden gemacht wurde“.
Foto © Jürgen Wahnschaffe
Die Geschichte der Juden, die wechselseitig von Höhen und Tiefen, langen Wanderungen und bangen Fluchten geprägt war, schlägt sich in allen Formen der jüdischen Musik nieder. Aber egal wie schwer die Schicksalsschläge waren, wie kampfeslustig und entschlossen die Feinde sich gaben, wohin die Vertreibungen auch führten, nichts konnte den Zusammenhalt und die Stärke dieses Volkes brechen. Ohne Musik ist das Ausüben der jüdischen Religion allerdings bis heute undenkbar.
Das vierköpfige Ensemble Hevenu Shalom wird die Geschichte der jüdischen Musik in Deutschland spielend erzählen. Dabei werden die Melodien der Entstehung der ersten jüdischen Gemeinden in Deutschland ab 321 n. Chr. bis nach der Shoah und vor der Gründung des Staates Israel im Programm ebenso vorkommen wie synagogale Musik zu Schabbat und anderen Fest- und Feiertagen.
Idan Levi – Flöte
Ivan Neykov – Violine
Nemanja Lukic – Akkordeon
Hyunkil Oh – Cello
Dieses Konzert ist Teil des Programms der Hamburger Themenwoche „Mehr als Klein-Jerusalem – Gegenwartsperspektiven auf jüdische Geschichte in Hamburg“ vom 22. – 28. Februar 2021. Weitere Informationen finden Sie auf www.koerber-stiftung.de/juedisches-leben.
Lockdown-Lektüren
Ich bin nicht sonderlich religiös aufgewachsen, aber das ist in der Sowjetunion kaum jemand. Unsere Familie hat zwar alle Feiertage gefeiert, nur ohne die religiösen Komponenten. Das Judentum glich einer kulturellen Performance, allerdings durchaus einer, die wir ernst nahmen. Unsere Nachbar*innen zelebrierten die islamischen und die christlichen Feiertage und mitunter kam ich bei allem durcheinander. Doch die Feste waren schön und wahrscheinlich lag es daran, dass die Zeiten damals so schwierig waren.
Meine Kinder, Daniel und Liza, sind in Oslo aufgewachsen, mit einem holländisch-jüdischen Vater und mir, einer norwegisch-jüdischen Mutter. Wir wollten ein traditionell jüdisches Heim für unsere Familie und unsere Kinder jüdisch erziehen. Und wir wollten der Erfahrung, jüdisch zu sein, unseren eigenen, persönlichen Geschmack verleihen, so wie es alle Eltern wollen. Unsere Art und Weise, Chanukka zu feiern, mag dies illustrieren.
Als wäre Lena ein Automat, der Geschichten ausspuckt, sobald man eine Münze einschmeißt. »Lena, schreib’ doch eine Geburtstagskarte für Herrn X«, sagt meine Mutter seit einiger Zeit in regelmäßigen Abständen, dabei kenne ich weder Herrn X noch Herrn Y. Als hätte meine schriftstellerische Karriere etwas mit außergewöhnlich kreativen Gratulationen für mir unbekannte Menschen zu tun. Ich sage dennoch ja. Ja zum Leben, ja zu den Glückwunschkarten und ja zu der Geschichte über Rosch Haschana.
In der Dringlichkeit
Sein
Du bist außerhalb der Zeit
Du solltest voran kommen und du bist wie von der Zeit aufgehängt
Dieser Text setzt da an, wo alles Anfang März für mich endete, oder begann.
Dass seitdem viel passiert ist, brauche ich nicht zu erklären. Die letzten Monate waren auch für mich von Ängsten geprägt, meinen eigenen Ängsten und jenen der Menschen, die mir wichtig sind. Von rationalen und weniger rationalen Gedanken und Handlungen, dem Verschicken von Calciumpäckchen an Freund*innen zur Stärkung des Immunsystems.
Was kürzlich lief
„Jude sein gehört zu den unbezweifelbaren Gegebenheiten meines Lebens.“
Hannah Arendt beginnt Ende der 1920er-Jahre mit ihrer Arbeit über die Salonière Rahel Varnhagen, sich mit der jüdischen Geschichte in Deutschland und Europa zu beschäftigen, denn bedingt durch den zunehmenden Antisemitismus war ihr Jüdischsein eine „politische Frage“ geworden. Nach ihrer Flucht in die USA setzt sie sich verstärkt mit Fragen zu einem neuen kulturellen und politischen Selbstbewusstsein aus jüdischer Perspektive auseinander. Der mit großer Sachkunde klug komponierte Band versammelt alle zu Lebzeiten veröffentlichten Aufsätze der provokanten Philosophin – in einem weiten Zeitbogen und Spektrum – zu denThemen: jüdische Geschichte, Selbstermächtigung, Antisemitismus, Flucht und Exil, Genozid, Nationalstaatsgründung und Diaspora.
Daniel Cohn-Bendit und Niko Apel werden anwesend sein.
Daniel Cohn-Bendit, der Studentenführer von einst und spätere Grünen-Politiker, hat sich sein Leben lang mit seiner europäischen Identität beschäftigt, sie gelebt. Wie aber definiert und reflektiert er – der in der 68er-Bewegung als „deutscher Jude“ bezeichnete – seine jüdische Identität? Ist es der von Sartre postulierte Antisemitismus, der ihn zum Juden macht?